Dialog über den Umgang mit radioaktivem Abfall

abc für Radioaktivität

Was ist Radioaktivität?

Stabile und instabile Kerne

Atome werden oft als Mini-Sonnensysteme mit dem Kern im Zentrum und den Elektronen drum herum dargestellt.

Um zu begreifen, was Radioaktivität bedeutet, müssen wir zum Kern der Materie vordringen: dem Atom. Alles, was greifbar ist, besteht aus Atomen: die Natur, der menschliche Körper, alles um uns herum. Jedes Atom besteht aus einem zentralen Kern, der aus Protonen und Neutronen zusammengesetzt und von einer Wolke von Elektronen umgeben ist. Ein Atom wird oft als ein winziges Sonnensystem dargestellt, in dessen Zentrum die Sonne (der Atomkern) steht und der von Planeten (den Elektronen) umkreist wird.

Die meisten Atome sind stabil. Ihr Kern bleibt unverändert. Manche Atome haben jedoch einen instabilen Kern. Sie sind sozusagen auf der Suche nach einer anderen Gestalt, in der sie sich stabiler fühlen.

Bei diesen Formveränderungen wird Energie in Form von Teilchen oder Strahlung aus dem Kern freigesetzt. Diese besondere Energieform nennen wir ionisierende Strahlung. Die Umwandlung und Abgabe dieser ionisierenden Strahlung beschreiben wir mit dem Begriff Radioaktivität.

Nicht alle Atome sind stabil. Manche geben Teilchen oder Strahlung ab. Diese instabilen Stoffe sind radioaktiv.

Radioaktive Stoffe geben so lange Energie ab, bis der Kern im Gleichgewicht ist. Dies kann in mehreren Schritten erfolgen. Manchmal braucht es sogar eine ganze Zerfallskette, bis sich ein Gleichgewicht einstellt. Der Zerfall radioaktiver Stoffe folgt natürlichen Gesetzen, die wir nicht ändern können. Manchmal geht es schnell, manchmal sehr langsam. Jeder radioaktive Stoff hat seine eigene Zerfallgeschwindigkeit. Diese wird in der Halbwertzeit angegeben. Der Zeitraum, in dem die Hälfte der radioaktiven Substanz in eine andere Substanz umgewandelt wird. Bei einigen radioaktiven Stoffen beträgt die Halbwertszeit nur wenige Sekunden, bei anderen viele tausend Jahre.

Es gibt Strahlung... und ionisierende Strahlung

Strahlung ist der allgemeine Begriff für Energie in Form von bewegten Teilchen, Wellen oder Energiepaketen. Es gibt verschiedene Arten von Strahlung: Lichtstrahlen, Wärmestrahlen, UV-Strahlen, kosmische Strahlen, Röntgenstrahlen ... 

Strahlung wird oft in zwei Gruppen geteilt: ionisierende und nicht ionisierende Strahlung. Diese Aufteilung bezieht sich auf den Energiegehalt und die Gefährlichkeit der Strahlung. Viele Formen von Strahlung wie sichtbares Licht, Wärme, Mikrowellen oder Radiowellen haben nicht genügend Energie, um Atome zu schädigen, und werden daher als nichtionisierende Strahlung bezeichnet.

Strahlenarten: Anwendungen, Frequenz und Energie
Quelle: UN SCEAR, 2016 

Ionisierende Strahlung ist energiereiche Strahlung und kann Atome verändern. Radioaktive Strahlung gehört zur Gruppe der ionisierenden Strahlung, ebenso wie die Röntgenstrahlen (die für die Röntgenaufnahme in Krankenhäusern verwendet werden) und die kosmische Strahlung.

Quelle: UN SCEAR

Die beim Zerfall eines Atomkerns entstehende Strahlung wird in drei Gruppen eingeteilt: α- (Alpha-), β- (Beta-) und γ- (Gamma-) Strahlen: 

  • Bei Alphastrahlen sind die abgegebenen Energieteilchen relativ groß und schwer: Sie bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Diese Teilchen werden mit einer Geschwindigkeit von 16.000 km pro Sekunde aus dem Atomkern geschleudert. Durch ihre Schwere werden sie schnell gebremst und haben Schwierigkeiten, Materie zu durchdringen. Ein Blatt Papier oder eine 3 cm dicke Luftschicht reichen aus, um diese Partikel aufzuhalten.
  • Bei Betastrahlen handelt es sich um leichtere Teilchen, die negativ geladen sind. Diese Teilchen werden mit einer Geschwindigkeit von 270.000 km pro Sekunde aus dem Atomkern geschleudert. Sie dringen zwar tiefer in die Materie ein, aber eine wenige Millimeter dicke Aluminiumplatte, eine einen Zentimeter dicke Plexiglasscheibe oder 3 Meter Luft reichen aus, um die Strahlen zu stoppen. 
  • Gammastrahlen sind hochenergetische elektromagnetische Strahlen. Sie verfügen über die größte Fähigkeit, Materie zu durchdringen. Nur Stoffe mit hoher Dichte - Eisen, Beton, Blei - können sie stoppen. Je nach Intensität der Strahlenquelle müssen diese Stoffe eine Dicke von mehreren Zentimetern bis hin zu mehreren Metern aufweisen. Gammastrahlen können Hunderte von Metern Luft durchqueren, ohne dabei wesentlich abzuklingen.

Darüber hinaus gibt es weitere Strahlen, die beim radioaktiven Zerfall freigesetzt werden können, darunter Röntgenstrahlen, Neutronen, kosmische Strahlen, Myonen, Positronen ... Die detaillierte Erläuterung aller Strahlenarten, die von instabilen Atomkernen abgegeben werden, würde hier zu weit führen.

Natürliche und künstliche radioaktive Strahlung

Unser Körper wird täglich mit ionisierender Strahlung bombardiert, teils aus dem Weltraum (z. B. kosmische Strahlung), teils von instabilen Atomkernen in der Umwelt, die spontan zerfallen und dabei ionisierende Strahlung aussenden. 

Diese natürliche radioaktiven Substanzen sind überall: im Boden, in der Luft, in unserer Ernährung und sogar in unserem Körper. Radon, ein radioaktives Gas, zum Beispiel kann aus dem Boden in Gebäude eindringen. Auch Baumaterialien können Stoffe enthalten, die zu einer erhöhten Strahlenbelastung führen. Fisch und Meeresfrüchte weisen Spuren von radioaktivem Blei und Polonium auf. Und sogar Bananen sind zu einem bestimmten Grad radioaktiv. 

Obwohl solche Strahlenquellen in unserer Umgebung natürlich vorhanden sind, können wir das Ausmaß der Belastung beeinflussen. Anhand von Entscheidungen darüber, wie wir leben, wo wir leben (die Radonbelastung ist beispielsweise im Süden Belgiens höher als im Norden), was wir essen und trinken. 

Des Weiteren gibt es auch eine künstliche radioaktive Strahlung. Diese findet ihren Ursprung in der menschlichen Aktivität. Wir nutzen Radioaktivität für medizinische Zwecke (Radiologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin ...), aber auch für den Betrieb von Kernreaktoren zur Erzeugung elektrischer Energie sowie zur Bestrahlung bestimmter Lebensmittel, um eine Kontamination durch Mikroorganismen zu verhindern. 

Wie wirkt sich Radioaktivität auf Mensch, Tier und Pflanzen aus?

Strahlung oder Kontaminierung

Eine Exposition gegenüber radioaktiven Stoffen kann auf 2 Arten erfolgen: durch Bestrahlung oder durch Kontaminierung. Befinden wir uns in der Nähe einer radioaktiven Quelle, ist die Rede von Bestrahlung. Ein direkter physischer Kontakt zwischen dem Körper und dem radioaktiven Material ist nicht erforderlich. Die Bestrahlung eines Tumors kann hier als Beispiel genannt werden. Dabei wird der Körper des Patienten einer Strahlung aus einer Quelle ausgesetzt. Wird die Strahlung vom Körper abgeschirmt, endet die Bestrahlung.

Wenn wir mit radioaktivem Material in Berührung kommen, sind wir der Gefahr einer Kontamination ausgesetzt. Bei äußerlicher Kontaminierung bleiben radioaktive Teilchen an der Haut hängen. Eine innere Kontamination entsteht, wenn wir radioaktive Partikel einatmen, essen oder trinken. Die aufgenommenen radioaktiven Teilchen setzen in unserem Körper ionisierende Strahlung frei und können das umliegende Gewebe schädigen. In diesen Fällen ist die Rede von Radiotoxizität.

Auswirkungen auf den Körper

Wir sind alle natürlicher Radioaktivität ausgesetzt. Ionisierende Strahlung kann unsere Körperzellen, und vor allem unsere DNA, beschädigen. Meistens gelingt es unseren Zellen, diese Schäden zu reparieren. Ist die Exposition sehr intensiv oder zeitlich konzentriert, gelingt diese Schadensbehebung nicht so gut. 

Auf ihrer Website unterscheidet die FANK drei Parameter, die das Ausmaß und die Art der Auswirkungen der Exposition unseres Körpers gegenüber ionisierender Strahlung bestimmen:

  • Dauer und Dosis der Belastung:

Wird man einer hohen Strahlendosis ausgesetzt, kann sich das direkt auf unseren Körper auswirken. Beispiele sind Verbrennungen und/oder die Strahlenkrankheit, die mit Übelkeit, Durchfall, einem zunehmenden Mangel an Blutzellen (was zu Blutungen führt) und einem erhöhten Infektionsrisiko einhergeht. In schwerwiegenden Fällen kann nach ein paar Tagen der Tod eintreten.

Bei niedrigeren Dosen sind vor allem Spätfolgen wie Krebs und Erbkrankheiten zu befürchten. Zwischen der Höhe der Strahlendosis und dem Anstieg der Krebsinzidenz wurde ein eindeutiger Zusammenhang etabliert. Radioaktive Strahlung verändert das genetische Material (DNA) der Zelle, so dass sie sich unkontrolliert teilen und einen Tumor bilden kann.

Neben Krebs werden auch Erbkrankheiten durch radioaktive Strahlung ausgelöst, und bei Embryonen und Föten können Entwicklungsstörungen auftreten, wenn sie im Mutterleib bestrahlt oder kontaminiert werden.

Quelle: UN SCEAR

  • Die Art des radioaktiven Stoffs

Einige radioaktive Stoffe verteilen sich gleichmäßig im Körper (z. B. Cäsium), während sich andere in einem oder mehreren Organen anreichern (z. B. Jod in der Schilddrüse). Die Art der Strahlen ist ebenfalls von Bedeutung. So richtet beispielsweise eine absorbierte Dosis Alphastrahlung in unserem Körper viel mehr Schaden an als die gleiche Dosis Beta- oder Gammastrahlung.

  • Empfindlichkeit gegenüber Strahlung

Die Risiken sind selbst bei gleicher Dosis von Person zu Person sehr unterschiedlich. Föten, Kinder und Schwangere sind bezüglich der Folgen ionisierender Strahlung am empfindlichsten. Außerdem sind nicht alle Organe gleich empfindlich gegenüber Strahlung: So ist die Wirkung ionisierender Strahlung auf Eierstöcke und Hoden 200-mal größer als auf Haut und Knochengewebe. 

Messen ist aller Anfang

Mit unseren Sinnen können wir Radioaktivität nicht wahrnehmen: Wir können radioaktive Strahlen nicht fühlen, sehen, schmecken, riechen oder hören. Es bedarf äußerst präziser Messinstrumente, mit denen selbst die kleinsten Mengen radioaktiver Strahlung ermittelt werden können.

Eine der Einheiten zur Messung der absorbierten Strahlungsdosis ist das Gray (Gy), das die Energiemenge angibt, die die Strahlung freisetzt. Ein Gray entspricht der Absorption eines Joules Energie (J) pro Kilogramm (kg) Materie oder Gewebe.

Die biologische Schädlichkeit für den Menschen bei Aufnahme (durch Verschlucken oder Einatmen) eines radioaktiven Stoffes wird häufig in Sievert (Sv) angegeben. Diese Maßnahme berücksichtigt die Auswirkungen der Art der Strahlung auf die verschiedenen Gewebe eines erwachsenen menschlichen Körpers. 

Quelle: FANK

Eine Untersuchung der FANK aus 2015 schätzte die Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in Belgien auf ungefähr 4 milliSievert/Jahr. Dieser Durchschnittswert enthält die natürliche und die künstliche Radioaktivität. 

Etwa 60 % (oder 2,4 mSv) der durchschnittlichen jährlichen Strahlenbelastung eines belgischen Einwohners sind auf die natürliche Strahlung zurückzuführen. 

Knappe 40 % des Jahresdurchschnitts entfallen auf medizinische Anwendungen wie Radiologie und Nuklearmedizin. 

Die Strahlendosis, die eine Person bei einer Röntgenaufnahme des Beckens erhält (ca. 0,5 mSv), entspricht einer dreimonatigen natürlichen Strahlendosis. Eine CT-Untersuchung des Abdomens (10,5 mSv) entspricht einer natürlichen Strahlung von vier Jahren.

Industrieanlagen (einschließlich Kernkraftwerke) machen weniger als 1 % der jährlichen Dosis aus, der ein durchschnittlicher Einwohner in Belgien ausgesetzt ist.

Natürlich ist die individuelle Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in der Bevölkerung sehr unterschiedlich. Die tatsächlich aufgenommene Dosis hängt vom Wohnort, der individuellen medizinisch-radiologischen Exposition, einer eventuellen Strahlentherapie zur Behandlung von Krebs, einer eventuellen Exposition aufgrund beruflicher Tätigkeiten, der Anzahl der Flugstunden während des Jahres und zahlreichen anderen Faktoren ab.              

Auswirkungen auf die Biosphäre

Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen wird den Auswirkungen der Strahlenbelastung auf Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen gegenwärtig mehr Aufmerksamkeit gewidmet als in der Vergangenheit. In den letzten Jahrzehnten herrschte die Ansicht, dass, wenn die Menschheit angemessen geschützt wird, dies auch für Tiere und Pflanzen gelten sollte. 

Quelle: UN SCEAR

Untersuchungen der Vereinten Nationen über die Auswirkungen der Strahlenbelastung auf die Biosphäre zeigen jedoch, dass Tiere und Pflanzen unterschiedlich auf die Strahlenbelastung reagieren: Von allen Tieren sind Säugetiere am strahlenempfindlichsten, wobei große Tiere strahlenempfindlicher sind als kleine Tiere. 

Dies gilt auch für große und kleine Pflanzen. Bestimmte Insekten, Bakterien und Viren sind dann wieder gegen sehr hohe Dosen ionisierender Strahlung resistent.

Die wichtigsten Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenpopulationen betreffen wahrscheinlich die Fertilität (Fruchtbarkeit), die Mortalität (Sterblichkeit) und die Bildung von Mutationen. Veränderungen in der Reproduktion, z. B. die Anzahl der Nachkommen, sind sehr zuverlässige Indikatoren für Strahlenwirkungen, mehr noch als die Mortalität.

Wir können wir uns vor Strahlung und Kontaminierung schützen?

Wer mit radioaktiven Stoffen in Berührung kommen kann, muss sich wirksam vor Strahlung und Kontamination schützen. Diesbezüglich gibt es einige Grundsätze:

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